Geschichte der Schützengilde Landau
Im Jahre 1517, am Sonntag nach Ostern, bestätigt der Offizial der zum Bistum Mainz gehörenden Propstei Hofgeismar, Johannes Eberhard, die Gründung einer Fabians- und Sebastiansbruderschaft in Landau. Unter der maßgeblichen Federführung des einer angesehenen Landauer Familie entstammenden Kirchherrn Herman Quanth war diese „erlich, löblich und gotlich Bruderschaft“ vom Bürgermeister und Rat der Stadt sowie einigen ehrbaren Bürgern gegründet worden. Nach den Bestimmungen der Gründungsurkunde diente sie einem rein kirchlichen Zweck. Neben Männern konnten auch Frauen eintreten. Bei ihrem Eintritt mussten die Brüder und Schwestern ein Pfund Wachs zur Erhaltung des ewigen Lichtes spenden, dessen Gefäß an einer eisernen Kette im Chorbogen der Kirche hing.
Die innere Organisation war den Zünften und Gilden nachgebildet. So wählten die Mitglieder aus ihren Reihen zwei Vorsteher, denen die Verwaltung des Bruderschaftsvermögens oblag. Sie hatten jeweils am Jahresende über ihre Geschäftsführung vor dem Kirchherrn und einem gleichfalls aus den Reihen der Bruderschaft gewählten Kassenprüfer Rechenschaft abzulegen. Spenden, Stiftungen und Beiträge ließen mitunter große Vermögen, Landbesitz und Bargeld anwachsen, so dass die Bruderschaft in der Lage war, Darlehen zu gewähren und Almosen zu verteilen.
Mit der Reformation verschwanden die kirchlichen Bruderschaften aber bald von der Bildfläche. Um einem drohenden Verfall zu entgehen, verwandelten sie sich in der nach- reformatorischen Zeit in Schützengesellschaften. So auch die Landauer Sebastiansbruderschaft.
Am 30. Juli 1593 bestätigte Graf Franz II. (1553 – 1597) das Statut der Landauer Schützengesellschaft. An der Spitze der Gesellschaft standen nunmehr drei Dechanten, die das Vermögen verwalteten und die allgemeinen Führungsaufgaben wahrnahmen. Als Vollzugsgehilfe stand ihnen dabei ein Schützenknecht zur Seite.
Die enge Beziehung der Landauer Schützengilde zum Grafen- bzw. Fürstenhaus kommt nicht nur in der Bestätigung der Gründung zum Ausdruck. Die Landesherren fungierten daneben auch als Förderer, als Aufsichts- und Gerichtsbehörde. So hatte die Schützengilde regelmäßig die obrigkeitliche Genehmigung für die Abhaltung des Schützenfestes einzuholen, die im 17. und 18. Jahrhundert zumeist auch anstandslos erteilt wurde, jedoch unter der Bedingung, dass die Schützenordnung beachtet werde,“ damit alles ohne tumult und pillich zu gehe“.
Die Grafen, später Fürsten zu Waldeck, sorgten auch für die materielle Ausstattung der Schützengilde. So schenkte ihr Graf Franz III. im Jahre 1593 die Schützenwiese in der Nähe des Klosters Volkhardinghausen. Da diese Wiese zu trocken war und nicht ausreichend bewässert werden konnte, wurde sie kurz darauf mit Genehmigung des Landesherrn verkauft. Im Jahre 1602 durften sich die Schützen eine ertragreiche Wiese aussuchen. Dabei versprachen sie dem Grafen, sich mit ihren „Rhoren und gewehren in Huth zu halten“.
Wie groß die Unterstützung durch die Landauer Schützengilde in dem Scharmützel mit dänischen Truppen im Jahre 1703 während des Nordischen Krieges bei Hörle oder bei anderen unbekannten Anlässen gewesen ist, vermittelt nur die Sage; man spricht von dem Verlust einer Trommel, 8 Piken und einer Muskete.
Das zentrale Ereignis im Rahmen der Aktivitäten der Landauer Schützengilde stellte damals wie heute das Freischießen dar. Es herrschte durchweg eine rege Beteiligung, die sich in allen Ständen großer Beliebtheit erfreute. So stieg die Zahl der Schützen von 60 im Jahre 1605 nahezu kontinuierlich bis auf 136 im Jahre 1747. Nach den Statuten konnten nur die Bürger der Stadt Landau, deren Söhne sowie die landesherrlichen oder städtischen Amtsträger der Schützengilde beitreten.
Seit Beginn des 18. Jahrhunderts fand das Fest am Dienstag und Mittwoch nach Pfingsten statt. Der Tag des Königsschießens begann mit dem gemeinsamen Zug der Schützenrotten vom Rathaus zum Schießplatz, wo – wie heute um einen mit Bändern geschmückten Königshut geschossen wurde. Strafen drohten sowohl denjenigen, die dem Schießen ohne zwingenden Grund fernblieben, als auch denjenigen, „welchen die Rohre nicht abgehn wollen“.
Während die Gemeindekassen zumeist leer waren, verfügte die Schützengilde Landau über nicht geringe Einkünfte aus ihren Liegenschaften. Im Jahre 1830 bestand ihr Grundbesitz in der „Königswiese“ auf der Walme, der „Schützenwiese“ am Schillersberg sowie den Schützenländern an der Zangenwiese und am Strotgraben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war sie auch noch in der Lage, Landauer Bürgern Darlehen zu gewähren. Dennoch reichte ihr Vermögen je länger desto weniger aus, um die Kosten der immer aufwendigeren Feiern zu decken. Die Mehrzahl der Bürger wollte nach alter Sitte alljährlich ihr Schützenfest feiern, welches als willkommene Unterbrechung des harten Arbeitsalltags angesehen wurde.
Wegen finanzieller Schwierigkeiten sah sich die Schützengilde immer wieder zum Verkauf von Schildern ihres Kleinodes genötigt. Im Jahre 1879 verkaufte sie ihre gesamten Ländereien mit Ausnahme der „Königswiese“ auf der Walme. Diese Notverkäufe bewahrten die Gesellschaft jedoch vor dem Schicksal anderer traditionsreicher Schützengilden, die sich wegen hoher Verschuldung selbst auflösten.
Bis zum Zweiten Weltkrieg verlief die Entwicklung in einem ruhigen, unspektakulären Rahmen.
Eine neue Blütezeit von bis dahin nicht gekanntem Ausmaß erlebt die Schützengilde Landau nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis heute hat sie ihre maßgebliche Bedeutung für die Pflege der Geselligkeit und des überkommenen Kulturgutes nicht nur bewahrt, sondern kontinuierlich gesteigert. Dies belegen sowohl die glanzvollen Schützenfeste, die Höhepunkte im gesellschaftlichen Leben der Gemeinde, als auch die ständig steigenden Mitgliederzahlen.
Alle Abteilungen der Schützengilde haben dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet, sowohl die farbenprächtige historische Gruppe, der Blickfang der Feste, als auch die Gewehrgruppe, der eigentliche historische Kern der Schützengilde, denn früher trugen alle Schützen ein Gewehr.
Und die Schützengilde Landau wird weiter bestehen, wenn sie die Schützenordnung von 1593 beherzigt: „uff das allerseits friede und Einigkeit sei und gepflanzt und erhalten werde“.